Stoffwechsel


Weitere Erkrankungen des Stoffwechsels

Adrenogenitales Syndrom (AGS)

Adrenogenitales Syndrom (AGS): Gruppe vererbter Stoffwechselkrankheiten, bei dem ein Enzymmangel die ausreichende Bildung des Stresshormons Kortisol und des für den Mineralhaushalt wichtigen Aldosterons verhindert. Die Folgen sind:

  • Bei Mädchen und Frauen Vermännlichung (Virilisierung), Verspätung oder Ausbleiben der Pubertät, Unfruchtbarkeit.
  • Jungen bleiben zunächst unauffällig, erst später kommt es zu vermehrtem Wachstum von Penis und Schambehaarung bei kleinbleibenden Hoden (Scheinpubertät).
  • Ist auch die Freisetzung von Aldosteron vermindert, kommt es bei beiden Geschlechtern zum Salzverlustsyndrom, mit vermehrtem Erbrechen, Müdigkeit und Bewusstseinsstörung.

Zur Behandlung des Adrenogenitalen Syndroms müssen die fehlenden Hormone lebenslang ersetzt werden. Ist diese Hormonersatztherapie gut eingestellt, sind Lebensqualität und insbesondere auch Fruchtbarkeit unbeeinträchtigt.

Amyloidose

Amyloidose: Gruppe von Proteinspeicherkrankheiten mit Ablagerung von krankhaft gestalteten Eiweißen (Amyloiden) im Bindegewebe bestimmter Organe. Oft im Rahmen einer anderen, z. B. rheumatologischen Grunderkrankung auftretend. Betroffen sind vorwiegend ältere Patienten. Die Prognose für diese Erkrankung hängt davon ab, welches Organ befallen ist, nach Diagnosestellung beträgt die Überlebensrate etwa 10–15 Jahre.

Auch die Beschwerden hängen von den betroffenen Organen ab: Oft sind die Nieren befallen, was zum chronischen Nierenversagen führen kann. Ist das Herz betroffen, und vergrößert es sich, drohen Herzinsuffizienz, Luftnot und geschwollene Beine. Verdauungsstörungen wie Verstopfung und Durchfall treten bei Beteiligung des Verdauungssystems auf. Gefühls- und Bewegungsstörungen kommen vor, wenn das Nervensystem betroffen ist.

Die Diagnose der Amyloidose gelingt oft erst auf Umwegen, nur eine Biopsie (Entnahme einer Gewebeprobe) ist beweisend.

Therapie. Eine Heilung oder ursächliche Therapie ist nur in wenigen Fällen möglich. Bisher gab es diverse, z.T. schweraggressive Mehrfachtherapien mit Medikamenten. Diese werden jedoch neuerdings verlassen, zu Gunsten neuer Verfahren wie z. B. der Plasmapherese, bei der das Blut „gewaschen“ und zumindest zeitweise von den krankhaften Eiweißen befreit wird (ähnlich der Dialyse). Bei chronisch niereninsuffizienten Patienten wird eine Nierentransplantation angestrebt.

Fettstoffwechselstörungen

Fettstoffwechselstörungen (Dyslipoproteinämie, Hyperlipoproteinämie [HLP], Hyperlipidämie): Sehr häufige Erkrankung mit Erhöhung der Blutfette (Triglyzeride, Cholesterin) und Ablagerung von Blutfetten in Arterienwänden (Arteriosklerose). Bedrohlich durch Folgeerkrankungen wie koronare Herzerkrankung mit Herzinfarkt, Schlaganfall und periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK).

Leitbeschwerden

keine

Die Erkrankung

Die Hauptvertreter der Blutfette (Serumlipide) sind Cholesterin und Triglyzeride (Neutralfette). Beide haben im Körper wichtige Aufgaben: Cholesterin ist Baustein für Gallensäure, Geschlechtshormone, Nebennierenrindenhormone, Vitamin D und sämtliche Zellwände im Organismus. Triglyzeride werden entweder direkt als Energielieferant für Muskelzellen verwendet oder gespeichert, um als Energiereserve zu dienen. Um vom Blut transportiert werden zu können, benötigen die wasserunlöslichen Fette Trägermoleküle in Form bestimmter Eiweiße, Lipoproteine genannt.

Differenzierung. Fettstoffwechselstörungen werden in primäre und sekundäre Fettstoffwechselstörungen eingeteilt, wobei die sehr seltenen primären genetischen Ursprungs, also vererbt sind. Sekundäre Fettstoffwechselstörungen werden durch Rauchen, erhöhten Blutdruck, einen niedrigen HDL-Cholsterinspiegel (< 40 mg/dl), familiär gehäufte koronare Herzkrankheiten sowie durch falsche Ernährung und Übergewicht begünstigt. Auch Diabetes, Nierenerkrankungen sowie Alkoholmissbrauch führen oft zu einer Fettstoffwechselstörung.

Erst Folgeerkrankungen führen zu Beschwerden, unabhängig davon, ob es sich um primäre oder sekundäre Fettstoffwechselstörungen handelt. Nur wenn der Blutfettspiegel sehr hoch ist, kommt es möglicherweise zu rötlich-gelben, erhabenen Ablagerungen auf der Haut (Xanthome) – z. B. im Bereich der Augenlider (Xanthelasmen), noch bevor sich Spätschäden einstellen.

Hypercholesterinämie. Ein Zuviel an Cholesterin wird als Hypercholesterinämie bezeichnet. Dieses Zuviel versucht der Körper loszuwerden, indem er einen Teil in der Leber abbaut und den Rest ablagert. Als Deponie werden Blutgefäßwände der Arterien verwendet. Hierdurch entsteht eine – zunächst kleine – Schädigung der Arterienwand, die im Laufe der Zeit weiter fortschreitet. Wird zu diesem Zeitpunkt der Hypercholesterinämie nicht begegnet, etwa durch Bewegung, Ernährungsumstellung, Rauchen aufgeben, wird die Entstehung einer Arteriosklerose begünstigt. Lebensbedrohlich wird es, wenn die Arteriosklerose die Herzkranzgefäße schädigt und Angina-pectoris-Anfälle oder ein Herzinfarkt auftreten.

Wie viel Cholesterin in der Leber abgebaut und wie viel in den Arterien abgelagert wird, hängt mit den Lipoproteinen zusammen. Lipoproteine, die Cholesterin im Blut transportieren, werden als LDL-Cholesterin (low density lipoprotein) und HDL-Cholesterin (high density lipoprotein) bezeichnet. LDL-Cholesterin übernimmt die Funktion des „Müllwagens“, indem es Cholesterin im Gewebe ablagert – daher wird es „schlechtes“ Cholesterin genannt. HDL-Cholesterin transportiert Cholesterin vom Gewebe zur Leber, wo es abgebaut wird. Deshalb wird HDL-Cholesterin auch „Leber-Shuttle“ bzw. „gutes“ Cholesterin genannt. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass der Arzt neben dem Wert des Gesamtcholesterins auch die Lipoproteinfraktionen LDL und HDL bestimmt. Generell gilt: Je mehr HDL-Cholesterin, umso besser und je mehr LDL-Cholesterin, umso schlechter. Der Gesundheitsstatus lässt sich aus dem Verhältnis LDL zu HDL abschätzen: Es sollte ~ 3 : 1 betragen.

Frauen vor den Wechseljahren haben meist ein erhöhtes Gesamtcholesterin, was jedoch auf einen erhöhten HDL-Spiegel zurückzuführen und deshalb nicht bedrohlich ist – eine Behandlung ist nicht erforderlich.

Hypertriglyzeridämie. Ein Zuviel an Triglyzeriden im Blut wird als Hypertriglyzeridämie bezeichnet. Sie entsteht meistens durch einen zu hohen Fettanteil in der Nahrung, seltener ist sie vererbt oder die Folge anderer Erkrankungen. Triglyzeride sind selbst nicht schädlich, aber sie schädigen Blutgefäße und innere Organe indirekt, indem sie die Produktion des „schlechten“ LDL-Cholesterins steigern.

Dementsprechend ist der Blutfettwert der Triglyzeride nur selten allein erhöht – und wenn – ist dies für den Arzt ein Hinweis auf erbliche Veranlagung, Alkoholmissbrauch oder Diabetes.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Zunächst bestimmt der Arzt die Fettwerte im „nüchternen Blut“: Neben dem Triglyzeridspiegel und dem Gesamtcholesterin sind vor allem die LDL- und HDL-Cholesterinwerte wichtig. Sollten sich hohe Cholesterin- und Triglyzeridwerte einstellen, wird die Blutentnahme wiederholt, bevor mit einer Therapie begonnen wird. Um eine familiäre Belastung zu klären, werden auch Blutproben der Familienangehörigen untersucht. Zusätzlich kontrolliert der Arzt den Blutdruck und den Nüchternblutzucker und bestimmt Gewicht und Körpergröße (Body-Mass-Index) des Patienten, um Risikofaktoren abschätzen zu können und darauf basierend ein für den Patienten zu erstellen (Risikoprofil).

Therapie. Ziel ist es, Folgeerkrankungen wie Herz- und Kreislauferkrankungen vorzubeugen – nicht jedoch, die erhöhten Blutfettwerte zu normalisieren. Deshalb hängt die Art der Behandlung vom individuellen Risikoprofil ab, nicht nur von den gemessenen Blutfettwerten. Wenn der Patient seine Gewohnheiten umstellt und sich an seinen Therapieplan hält, werden sich die Blutfettwerte mit der Zeit wieder bessern.

Ernährungsumstellung (wenig Alkohol, viele Ballaststoffe, fettarme Nahrungsmittel ohne gesättigte Fettsäuren), Rauchen aufgeben und regelmäßige körperliche Bewegung stehen an erster Stelle.

Diät bzw. Gewichtsabnahme senkt die Blutfettwerte um maximal 40 % des Ausgangswertes.

Erst wenn dies nicht ausreicht, wird medikamentös behandelt, wobei unterschiedliche Medikamente eventuell miteinander kombiniert werden (cholesterinsenkende Medikamente). Selten und auch nur in sehr schweren Fällen wird eine Lipid-Apherese (Entfernung von Fetten aus dem Blut) durchgeführt, ähnlich einer Dialysebehandlung.

Sondertext: Cholesterinsenkende Medikamente

Selbsthilfe und Vorsorge

Wenn Sie Ihre Gewohnheiten umstellen, beachten Sie die Tipps der mediterranen und der vollwertigen Ernährung. Insbesondere Hafer[kleie], Flohsamen und andere ballaststoffreiche Nahrungsmittel wirken sich positiv auf den Fettstoffwechsel aus – vorausgesetzt, sie werden regelmäßig verzehrt.

Komplementärmedizin

Pflanzenheilkunde. Es gibt eine Reihe von pflanzlichen Heilmitteln, denen traditionell eine positive Wirkung auf den Fettstoffwechsel zugeschrieben wird. Für einige konnte ein blutfettsenkender Effekt inzwischen wissenschaftlich belegt werden. Wir empfehlen sie als begleitende Maßnahme, um leicht erhöhte Blutfettwerte zu senken, denn zunächst sollten Sie unbedingt ihre Ernährungsgewohnheiten ändern. Bei hohen Cholesterin- oder Triglyzeridspiegeln sind sie jedoch keine Alternative zu medikamentösen Lipidsenkern.

Standardisierte Fertigarzneien auf der Basis von Knoblauchpulver (z. B. Kwai forte®, Sapec Dragees®) wurden in den letzten Jahren am intensivsten erforscht und gehören heute zu den häufig eingenommenen pflanzlichen Heilmitteln zum Schutz vor Arteriosklerose, aber auch zur Senkung von erhöhtem Gesamt- und LDL-Cholesterin bzw. zur Steigerung des HDL-Cholesterins. Hierfür sind vor allem die schwefelhaltigen Verbindungen Allicin und Ajoene verantwortlich, die die Cholesterinproduktion in den Leberzellen hemmen. Eine ähnliche Wirkung ruft Artischockenblätter-Trockenextrakt (z. B. Hewechol®) hervor; außerdem senken beide Heilpflanzen mäßig erhöhte Triglyzeridspiegel.

Das aus Soja- oder Maismehl hergestellte Beta-Sitosterin (z. B. Sito-Lande®) vermindert aufgrund seiner cholesterinähnlichen Struktur die Cholesterinaufnahme im Darm und hat deshalb eine leicht senkende Wirkung auf LDL- und Gesamtcholesterin. Im Gegensatz zu Knoblauch oder Artischockenblätter hat es jedoch keinen Einfluss auf den Triglyzeridspiegel.

Rotes Reismehl (z. B. Monachol forte®) hemmt die Cholesterinproduktion in der Leber. Erste groß angelegte Studien bescheinigen dem roten Reismehl, bekannt aus der Traditionellen Chinesischen Medizin, eine gute Wirksamkeit zur Senkung des Gesamtcholesterins und LDL-Cholesterins sowie der Triglyzeride.

Ob auch standardisiertes Pulver aus Bockshornklee-Samen den Erwartungen als wirksamer Blutfettsenker gerecht wird, wird derzeit in verschiedenen Studien geprüft.

Orthomolekularmedizin. Es gibt Hinweise, dass die tägliche Einnahme von Coenzym Q10 den HDL-Cholesterinspiegel erhöht und erhöhte LDL-Cholesterinwerte leicht senkt; ob sich durch die Substanz auch der Gesamtcholesterinspiegel senken lässt, muss noch geklärt werden.

Prognose

Die Prognose ist eher schlecht, denn die Behandlung wird meist erst begonnen, wenn bereits Folgekrankheiten vorliegen – dann ist nur noch Schadensbegrenzung möglich. Werden hohe Blutfettwerte hingegen im Zuge einer Routineuntersuchung festgestellt und mit der Behandlung frühzeitig begonnen, ist die Prognose gut.

Hyperurikämie und Gicht

Hyperurikämie: Anhäufung von Abbauprodukten des Purinstoffwechsels mit erhöhtem Harnsäurespiegel im Blut als Folge; betrifft vor allem Männer zwischen 40 und 60 Jahren. Überernährung, fleischbetonte Kost und eine erbliche Veranlagung fördern die Ausbildung einer Hyperurikämie, aber auch eine Chemotherapie bei Krebs kommt als Auslöser in Frage. Unbehandelt droht der Übergang zur Gicht.

Gicht (Urikopathie, Arthritis urica, Arthropathica urica): Zunächst akute, sodann chronisch werdende Gelenkentzündung aufgrund von Harnsäurekristallen (Urat), die wegen eines dauerhaft erhöhten Harnsäurespiegels auskristallisieren, von weißen Blutkörperchen aufgenommen werden, und sich in den Gelenkspalten ablagern. Die Gicht beginnt zunächst an einem Gelenk (Monoarthritis) mit einem akuten Gichtanfall. Dieser ist hochschmerzhaft, aber relativ gut behandelbar. Etwa 3 % der Männer und weniger als 1 % der Frauen erleiden einmal im Leben einen akuten Gichtanfall, beim Mann meist mit etwa 40 Jahren, bei Frauen zwischen 60–70 Jahren. Wird der zugrunde liegende erhöhte Harnsäurespiegel nicht durch eine Änderung der Lebensgewohnheiten und/oder Medikamente beseitigt, droht – auch nach beschwerdefreien Jahren – der Übergang zur chronischen Gicht. Sie ist gekennzeichnet von Gichtanfällen in immer kürzeren Abständen, unwiderruflicher Zerstörung der befallenen Gelenke, Gichtknoten an Knochen und inneren Organen, insbesondere der Ausbildung von Nierensteinen oder einer chronischen Gichtniere.

Leitbeschwerden

Akuter Gichtanfall:

  • Meist nachts auftretende unerträgliche Schmerzen, Schwellung, Überwärmung und Rötung des Großzehengrundgelenks, seltener auch des Kniegelenks und anderer Gelenke
  • Starke Berührungsempfindlichkeit (die Bettdecke ist zu schwer)
  • Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl (erhöhter Puls, Kopfschmerzen und Erbrechen)

Chronische Gicht:

  • Ständige Gelenkschmerzen und Beschwerden an Großzehengrund-, Mittelfuß-, Ellenbogen-, Finger- und Kniegelenken, aber auch an Schulter und Wirbelsäule
  • Sichtbare oder tastbare kleine Knötchen an der Haut (Gichtknoten, z. B. Ohrmuschel), aber auch an Sehnenansätzen, Sehnenscheiden und Schleimbeuteln.

Die Erkrankung

Werden Purine (Bausteine des Erbmaterials DNS) abgebaut, fällt als Endprodukt Harnsäure an, die normalerweise hauptsächlich über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden wird.

Hyperurikämie. Ist das Gleichgewicht zwischen Harnsäurezufuhr zu Ungunsten der -ausscheidung gestört, erhöht sich der Harnsäurespiegel im Blut, was der Mediziner als Hyperurikämie bezeichnet. Einer primären Hyperurikämie (mehr als 95 % der Gichtkranken) liegt eine angeborene Störung der Harnsäureausscheidung zu Grunde, seltener eine vermehrte körpereigene Harnsäurebildung aufgrund von Enzymdefekten im Purinstoffwechsel. Eine sekundäre Hyperurikämie ist ebenfalls Folge vermehrter Harnsäureproduktion, verminderter Harnsäureausscheidung oder einer Kombination aus beidem. Sie kommt z. B. als Folge des verstärkten Zellauf- und Zellabbaus bei Blutkrankheiten oder bei Nierenschäden vor.

Risikofaktoren. Zu einem Überangebot an Harnsäure im Blut kommt es durch sehr purinreiche Nahrung, schwere Muskelarbeit, den Abbau von Muskelmasse oder durch vermehrten Alkoholgenuss (vor allem Bier). Als Auslöser werden auch körperliche Anstrengung, Stress, Wetterwechsel, Operationen und Infektionen diskutiert. Seltener ist ein vermehrter Abbau von Zellen für den erhöhten Harnsäurespiegel verantwortlich, wenn bei einer Krebsbehandlung Tumorgewebe großflächig zerfällt, z. B. durch Strahlen- oder Chemotherapie.

Akuter Gichtanfall. Liegt der Harnsäurespiegel über einem kritischen Wert, bilden sich aus dem Zuviel an Harnsäure Kristalle (Harnsäuresteine = Urate, ausgefällte Harnsäure). Sie werden in den Gelenken abgelagert und es kommt langsam aber stetig zur Ausbildung der Gicht. Im akuten Gichtanfall wandern weiße Blutkörperchen in das Gelenk und fressen die Harnsäurekristalle auf. Durch eine Vielzahl von dadurch angelockten Entzündungsstoffen wird eine heftige Entzündungsreaktion in Gang gesetzt. Selbst eine leichte Berührung mit der Bettdecke oder durch Strümpfe wird als unerträglich schmerzhaft empfunden. Ausgelöst wird ein akuter Gichtanfall häufig durch Ess- und Alkoholexzesse, aber auch durch Fasten. Insbesondere dann, wenn Fasten durch den Genuss von eisgekühlten Getränken unterbrochen wird.

Tritt die Erkrankung zum ersten Mal auf, so ist meist eines der beiden Großzehengrundgelenke betroffen, seltener ein Kniegelenk.

Chronische Gicht. Sie ist gekennzeichnet durch einen Wechsel von akuten Gichtanfällen und beschwerdefreien Zeiträumen. Es kommt zur Zerstörung der Gelenke, begleitet von einer Verformung der Gelenke und Fehlstellungen von Zehen und Fingern. Häufig werden zusätzlich Gichtknoten (Gichttophi) sichtbar, die auf eine vermehrte Ablagerung von Harnsäuresteinen – auch in Knochen und Weichteilen – zurückzuführen sind.

Nierenbeteiligung. Die Hyperurikämie kann auch die Nieren schädigen, wenn Harnsäure in den Nieren auskristallisiert. Aus den Harnsäurekristallen bilden sich Harnsäuresteine, eine Form von Nierensteinen, und schließlich die chronische Gichtniere mit chronischem Nierenversagen.

Davon abzugrenzen ist die akute Schädigung der Nieren durch Harnsäure, die akute Uratnephropathie: Harnsäure wird massiv im Nierengewebe ausgefällt, und es kommt plötzlich zu einem akuten Nierenversagen. Gleiches passiert, wenn hochkonzentrierter saurer Urin gebildet wird – rückführbar auf eine zu geringe Trinkmenge.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Ein akuter Gichtanfall ist so charakteristisch, dass der Arzt ihn schon beim Anblick des betroffenen Gelenks erkennt (Blickdiagnose). Der Arzt entnimmt Blut, denn ein erhöhter Harnsäurespiegel im Blut bestätigt die Diagnose. Aus weiteren Blutwerten beurteilt er den Krankheitsverlauf und prüft die Nierenfunktion.

Selten ist eine bakterielle Gelenksentzündung mit Eiteransammlung (Abszess) schwer von einem Gichtanfall abzugrenzen, dann ist zur weiteren Klärung eine Punktion des Gelenks zur Entnahme von Gelenkflüssigkeit (Punktat) notwendig. Nur beim akuten Gichtanfall finden sich im Gelenkpunktat Harnsäurekristalle, die innerhalb von weißen Blutkörperchen liegen.

Therapie. Ziel der Behandlung ist eine dauerhafte Senkung der Harnsäurewerte auf etwa 5,5 mg/dl.

Therapie der Hyperurikämie. Wenn nur die Harnsäurewerte erhöht sind (zwischen 8,5 und 9 mg/dl), also kein akuter Gichtanfall vorliegt, wird meist auf Medikamente verzichtet. Der Patient ist angehalten, seine Lebensgewohnheiten umzustellen (purinarme Ernährung). Ausnahme ist die Hyperurikämie infolge einer Chemotherapie, denn es besteht die Gefahr des Tumor-Lyse-Syndroms: Dabei übersteigt die Menge an freigesetzten Zellbestandteilen im Blut durch den Zerfall des Tumors die Ausscheidungskapazität der Nieren. Mineralstoffentgleisungen und metabolische Störungen sind die Folge; da es eine Notfallsituation ist, ist rasches Handeln gefragt. Hier werden meist Medikamente verordnet.

Therapie des Gichtanfalls. Bei Harnsäurewerten über 9 mg/dl und gleichzeitigem Auftreten von Gichtanfällen oder Nierensteinen ist neben der Ernährungsumstellung eine medikamentöse Behandlung erforderlich. Vor allem anderen steht zunächst die Behandlung der sehr starken Schmerzen mit Schmerzmitteln (NSAR).

Die Harnsäuresteine der Niere medikamentös zu entfernen gelingt bei zwei Dritteln der Patienten in Form einer medikamentösen Steinentfernung über mehrere Monate hinweg.

Um den akuten Gichtanfall zu behandeln, werden Prednisolon und/oder nichtsteroidale Antiphlogistika eingesetzt. Colchicin (aus der Herbstzeitlose gewonnenes Zellgift, z. B. Colchicum-Dispert®) kommt aufgrund seiner Nebenwirkungen nur als Mittel zweiter Wahl zum Einsatz. Wirken orale Medikemente nicht ausreichend, kann alternativ Kortison ins Gelenk gespritzt werden (intraartikuläre Gelenkinjektion). Dabei besteht allerdings eine erhöhte Infektionsgefahr, weshalb diese Maßnahme nur in Ausnahmefällen angewendet wird.

Medikamentöse Vorbeugung. Ist der akute Gichtanfall behandelt, muss weiteren Anfällen vorgebeugt werden. Hierfür stehen zwei Arzneimittelgruppen zur Verfügung:

  • Urikostatika wie beispielsweise Allopurinol (Zyloric®): Sie sorgen dafür, dass weniger Purine im Stoffwechsel anfallen und hemmen damit die Bildung von zu viel Harnsäure; sie sind Mittel der ersten Wahl.
  • Urikosurika wie beispielsweise Benzbromaron und Probenecid (Probenecid Weimer®): Sie fördern die Harnsäureausscheidung über die Niere. Weil Gichtkranke oft geschädigte Nieren haben, sind Urikosurika aber riskant.

Prognose

Für die Gicht ist die Prognose abhängig von Therapie, Krankheitsverlauf und Zeitpunkt der Entdeckung, denn je früher sie diagnostiziert wird, desto besser sind die Aussichten – z. B. im Stadium einer beginnenden Hyperurikämie. Wenn die Erkrankung bereits einen chronischen Verlauf mit Veränderungen an den Gelenken genommen hat, drohen massive Bewegungseinschränkungen (Invalidität), bei Nierenschäden gar die Notwendigkeit einer Dialyse.

Selbsthilfe

  • Halten Sie das betroffene Gelenk im akuten Anfall ruhig und lindern Sie die Schmerzen mit kühlenden Umschlägen (z. B. mit Alkohol).
  • Vermeiden Sie extreme Ernährungssituationen wie Fastenkuren oder Völlerei, denn dadurch erhöht sich der Harnsäurespiegel noch weiter.
  • Verzichten Sie auf Alkohol (v. a. Bier) und purinreiche Nahrungsmittel (vorwiegend innere Organe, Leber, Niere), besonders wenn ein erhöhter Harnsäurespiegel bei einer Routineuntersuchung gemessen wurde.
  • Zu Beginn der purinarmen Diät ist es sinnvoll, Fleisch oder Fischportionen abzuwiegen, da man die Portionsgröße meist unterschätzt.
  • Trinken Sie ausreichend, mindestens zwei Liter pro Tag. So beugen Sie einer Schwächung der Nieren vor, da die Harnsäure besser ausgeschieden wird.

Komplementärmedizin

Im akuten Gichtanfall vermögen komplementärmedizinische Maßnahmen wenig auszurichten.

Kälteanwendungen. Zusätzlich zur medikamentösen Therapie helfen Kälteanwendungen, die Schmerzen zu lindern. Empfohlen werden z. B. kalte Bäder oder Eisbeutel, die in ein Leintuch gewickelt und auf die betroffene Stelle gelegt werden.

Homöopathie. Bei manchen Gichtpatienten hat sich die Einnahme von Mittel der Homöopathie bewährt, z. B. Bryonia oder Belladonna.

Die physikalische Therapie bei der chronischen Gicht orientiert sich an den Maßnahmen, die auch bei der Rheumatoiden Arthritis angewendet werden (Selbsthilfe).

Wärmeanwendungen. Bei chronischer Gicht unterstützen Wärmeanwendungen wie Schwitzkuren, Fangopackungen oder Moorbäder die therapeutischen Standardmaßnahmen.

Weiterführende Informationen

  • www.ernaehrung.de – Internetseite des Instituts für Ernährungsinformation (DEBInet, Freudenstadt): Zum Suchwort Gicht werden Informationen zur Krankheit, zu den Medikamenten sowie zahlreiche Ernährungstipps geboten. Unter www.ernaehrung.de/tipps/gicht/harnsaeure.pdf gibt es die Tabelle mit den Harnsäuregehalten zahlreicher Lebensmittel kostenlos zum Herunterladen. Sehr hilfreich und übersichtlich.
  • E. Hund-Wissner; G. Wolfram: Köstlich essen bei Gicht. Endlich niedrige Harnsäurewerte. Vom Snack bis zum Festtagsmenü: 130 abwechslungsreiche Rezepte. Trias, 2006. Wer Probleme mit einem erhöhten Harnsäurespiegel hat, braucht deswegen keine Spezialdiät oder auf Köstlichkeiten zu verzichten, wie dieser Ratgeber eindrucksvoll beweist.

Morbus Wilson

Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit, Wilsonsche Erkrankung): Angeborene Störung des Kupferstoffwechsels infolge einer Gen-Mutation am Chromosom 13. Das Transporteiweiß des Kupfers (Coeruloplasmin) wird vermindert gebildet, sodass Kupfer in Gehirn, Augen, Niere und Leber abgelagert wird. Frühzeitig erkannt und lebenslang therapiert ist Morbus Wilson praktisch harmlos – unbehandelt aber tödlich.

Das Kupfer lagert sich vor allem in der Leber an. Die Folgen sind Leberschäden mit chronischen Bauchschmerzen, Gelbsucht und Leberverfettung bis hin zur Leberzirrhose. Seltener, aber charakteristisch sind braune Hautflecken. Bei rund 45 % der Betroffenen wird das zentrale Nervensystem geschädigt, was sich in Bewegungs- und Sprachstörungen zeigt. In der Regel manifestiert sich die Erkrankung im 2. oder 3. Lebensjahrzehnt. Frühsymptome wie eine leichte Gelbsucht zeigen sich häufig bereits im Kindesalter. 

Zu den wichtigsten Symptomen zählen:

  • Leberbeschwerden unklarer Ursache
  • Kayser-Fleischer-Kornealring: goldbrauner bis grünlicher Ring rund um die Regenbogenhaut im Auge, verursacht durch Einlagerungen von Kupfer in die Hornhaut
  • Sonnenblumen-Katarakt: gelbbraune Flecken in der Augenlinse
  • Flapping Tremor: ruckartige Zuckungen der Extremitäten durch kurzzeitigen Verlust des Muskeltonus, gefolgt von einer reflektorischen Korrekturbewegung
  • Psychiatrische Symptome wie chronische Unruhe, Depression, kognitive und soziale Störungen.

Die Diagnose wird oft erst spät gestellt. Im Urin finden sich erhöhte Kupferkonzentrationen. Mittels Biopsie sind erhöhte Kupferkonzentrationen in der Leber nachweisbar. Die Serumspiegel für Coeruloplasmin sind erniedrigt.

Therapie. Mittel der Wahl für die Erstbehandlung ist der Komplexbildner D-Penicillamin (Metalcaptase®, Trolovol®), der mit dem Kupfer Komplexe bildet, die mit dem Urin ausgeschieden werden. Bei Unverträglichkeit bietet das nebenwirkungsärmere, aber schwächer wirkende Triethylentetramin-Dihydrochlorid (Trientine™) eine Alternative. Beide Wirkstoffe erhöhen die Ausscheidung von Kupfer mit dem Urin. Für die Erhaltungstherapie bei bereits „entkupferten“ Patienten eignen sich auch Zinksalze wie Zinkacetat oder Zinksulfat. Sie hemmen die Kupferresorption im Darm. 

Daneben sind stark kupferhaltige Nahrungsmittel zu meiden wie z. B. Pilze, Erdnüsse, Schokolade oder Leber. Evtl. ist die Zufuhr von Vitamin B6 notwendig. Der Tremor wird mit Betablockern behandelt, starke Unruhezustände mit Tiaprid.

Prognose.Unbehandelt verläuft die Erkrankung tödlich. Bei rechtzeitiger und dauerhafter Therapie ist die Prognose gut.

Mukoviszidose

Mukoviszidose (Zystische Fibrose, CF): Angeborene, (genetisch) vererbte Funktionsstörung der sekretbildenden Drüsen. Charakteristisch für die Erkrankung ist, dass die Drüsensekrete zu zäh- und dickflüssig sind und die betroffenen Organe dadurch geschädigt werden. Im Vordergrund steht – meist schon im ersten Lebensjahr – eine ungenügende Bildung von Verdauungsenzymen in der Bauchspeicheldrüse. Später treten Komplikationen mit der Lunge (wiederkehrende Lungenentzündungen) hinzu. Jedes 2 500. Neugeborene ist betroffen, die Lebenserwartung reichte früher nur bis zum Schulalter – heute liegt sie bei etwa 32 Jahren, dank der erheblich verbesserten Therapiemöglichkeiten. Da eine Heilung nicht möglich ist, steht die symptomatische Behandlung im Vordergrund.

Leitbeschwerden

Folgende Beschwerden können auf Mukoviszidose hinweisen:

  • Zäher Schleim, der in den Bronchien zu hartnäckigen, wiederholten Infektionen der Atemwege führt.
  • Bei etwa jedem zehnten erkrankten Säugling wird direkt nach der Geburt der Darm durch sehr zähes Mekonium (dunkelgrüner Stuhl des Neugeborenen) verstopft und blockiert; es kommt zum Mekoniumileus (Darmverschluss).
  • Ist die Bauchspeicheldrüse mitbeteiligt (das ist in etwa 80 % der Fall), kann dies zur Pankreasinsuffizienz mit starken Fettstühlen führen.
  • Sowohl Lungen- als auch Verdauungsprobleme führen im Kindesalter zu Gedeih- und Wachstumsstörungen. Betroffene Kinder sind typischerweise klein und mager.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Manchmal schmeckt die Haut beim Säugling salzig, das ist aber ein sehr ungenauer „Test“. Bei jedem Verdacht ist der Schweißtest angezeigt, mit dem über den vermehrten Chloridgehalt im Schweiß die Erkrankung nachgewiesen wird. Da ein standardisiertes Neugeborenen-Sreening auf Mukoviszidose in Deutschland noch fehlt, wird die Diagnose oft ins Kleinkindesalter verschleppt.

Therapie. Da eine Heilung nicht möglich ist, steht die symptomatische Behandlung im Vordergrund. Dazu zählen:

  • erhöhte Flüssigkeitszufuhr und Einnahme von schleimlösenden Medikamenten (Sekretolytika), damit der Schleim leichter abgehustet werden kann. 
  • regelmäßige Inhalationen mit schleimverflüssigenden Substanzen, zum Beispiel Kochsalzlösung, N-Acetylcystein, Ambroxol und Mannitol.
  • regelmäßige Inhalationen mit bronchienerweiternden Substanzen wie Salbutamol oder Dornase alpha, evtl. auch mit entzündungshemmenden Substanzen, etwa Kortison.
  • bei bakterieller Infektion der Lunge (Pneumonie) inhalative oder orale Einnahme von Antibiotika
  • Atemtherapie, z. B. autogene Drainage – eine Selbstreinigungstechnik der Atemwege.
  • evtl. Physiotherapie, um die Kondition zu steigern.
  • bei nachgewiesener Funktionsschwäche der Bauchspeicheldrüse (in etwa 80% der Fälle) Substitution fehlender Pankreasenzyme.

Medikamentöse Therapien richten sich nach dem ursächlichen Gendefekt. Bei der G551D-Mutation kommt Ivacaftor (Kalydeco®) zum Einsatz, um die Lungenfunktion zu verbessern und die Häufigkeit von Pneumonien zu senken. Besteht eine F508del-Mutation, wird Ivacaftor meist in Kombination mit Lumacaftor (Orkambi®) verabreicht. Haben die häufig auftretenden Lungeninfektionen das Lungengewebe bereits zerstört, droht Lungenversagen Dann ist eine Organtransplantation die einzige Option.

Prognose. Die Lebenserwartung reichte früher nur bis zum Schulalter – heute liegt sie bei etwa 40 Jahren, dank der erheblich verbesserten Therapiemöglichkeiten.

Neuroendokrine Tumoren (NET)

Neuroendokrine Tumoren (NET) (Karzinoide, diffuse neurokrine Neoplasien, früher APUDOMe genannt): Überwiegend im Magen-Darm-Trakt anzutreffende und hormonell aktive Tumoren äußerst unterschiedlichen Charakters. Gutartige Verläufe überwiegen. Männer und Frauen erkranken gleich häufig.

Leitbeschwerden

  • Magenschmerzen, Sodbrennen, häufig begleitet von Übelkeit und Erbrechen
  • Durchfälle (Gastrinom) durch Blutungen aus dem Geschwür
  • Magenblutung
  • Schwindel und Bewusstseinsstörung durch Unterzucker (Insulinom)
  • Karzinoid-Syndrom (Durchfall und anfallsartige Hautrötung bzw. Wärmegefühl, manchmal Kreislaufkollaps).

Die Tumoren im Einzelnen

Karzinoide sind mit ~ 200–400 jährlichen Neuerkrankungen in Deutschland die häufigsten neuroendokrinen Tumoren und können gut- oder bösartig sein. 90 % von ihnen sitzen in Magen oder Darm, davon rund die Hälfte im Wurmfortsatz. Die übrigen 10 % sind häufig in den Atemwegen lokalisiert.

Hormonaktive Karzinoide produzieren Serotonin (einen Botenstoff des Nervensystems) sowie mehrere Substanzen, die die Blutgefäße erweitern. Wenn sich der Tumor im Magen-Darm-Trakt befindet, werden diese Substanzen anfangs noch von der Leber abgebaut, bevor sie in fortgeschrittenen Stadien mit dem Blut in den ganzen Körper gelangen. Dann verursachen sie Durchfälle und anfallsartige rote Verfärbung des Gesichts (Flush genannt, breitet sich manchmal auch an Hals und Brust aus), begleitet von schnellem Herzschlag und Schwitzen sowie eventuell Herz- und Atemwegsbeschwerden. Treten Gesichtsröte, Durchfall und Herzbeschwerden gemeinsam auf, handelt es sich um das Karzinoid-Syndrom, das aber nur bei 5 % der Betroffenen auftritt und somit vergleichsweise selten ist. Manchmal leidet der Betroffene zusätzlich unter Bauchschmerzen, was die Folge eines zunehmenden Tumorwachstums oder einer hormonbedingten Durchblutungsstörung des Darms sein können.

Insulinome sind überwiegend gutartige neuroendokrine Tumoren der Bauchspeicheldrüse. Wie der Name schon sagt, produzieren sie Insulin. Die Wirkung des Insulins führt zur typischen Whipple-Trias: Nach Fasten oder körperlicher Anstrengung kommt es zu anfallsartiger Unterzuckerung mit Zittern, Schweißausbruch, Herzklopfen, Schwindel, Sehstörungen und anderen Ausfällen bis hin zur Bewusstlosigkeit, die sich bessert, wenn etwas gegessen wird. Einige Patienten essen – oft gar nicht bewusst – häufiger und mehr, um die Beschwerden zu vermeiden, so dass Gewichtszunahme vorherrschendes Krankheitszeichen ist.

Gastrinome sind in mehr als zwei Dritteln der Fälle bösartige neuroendokrine Tumoren des Magens. Durch die übermäßige Produktion des Hormons Gastrin, das die Absonderung von Magensaft fördert, wird im Magen zu viel Salzsäure gebildet. Folge ist das Zollinger-Ellison-Syndrom mit über Jahre wiederkehrenden Magen- und Dünndarmgeschwüren.

Neben diesen drei häufigeren NET gibt es auch seltenere Varianten:

  • Das meist bösartige Glukagonom produziert vermehrt das Hormon Glukagon (fördert die Erhöhung des Blutzuckerspiegels). Es kommt zu schweren Haut- und Mundschleimhautentzündungen sowie einem (meist leichten) Diabetes.
  • Das VIPom. Ebenfalls meist bösartig, führt es durch die Bildung von Eiweißen (vor allem des vasoaktiven intestinalen Polypeptids, VIP) mit Wirkung auf die Blutgefäße zum Verner-Morrison-Syndrom mit massiven, wässrigen Durchfällen, die einen Flüssigkeitsmangel und eine Entgleisung des Mineralstoffhaushalts nach sich ziehen (Übersicht über den Mineralstoffbedarf).

Therapie. Wenn möglich, wird ein neuroendokriner Tumor vollständig operativ entfernt.

Prognose

Die Prognose ist für den Patienten unterschiedlich. Wird z. B. im Rahmen einer Blinddarmentfernung zufällig ein kleines Karzinoid entdeckt, sind die Aussichten auf Heilung sehr gut; ebenso bei einem gutartigen, vollständig entfernten Insulinom. Die Prognose ist bei bösartigen Tumoren schlechter, insgesamt betrachtet aber meist besser als bei einem anderen Krebs gleicher Größe.

Osteoporose

Osteoporose (Knochenschwund): Knochenerkrankung, bei der sich die Dichte der Knochen verringert und diese schon bei kleinen Unfällen, Belastungen oder auch ohne erkennbare Ursachen brechen können. Darüber hinaus treten Minibrüche (Knochenrisse) auf, die häufig zu Schmerzen im Rücken oder im Brustkorb führen. Der krankhafte Verlust an Knochenmasse wird mithilfe der Knochendichtemessung nachgewiesen, bei Verdacht auf Frakturen (Brüche) wird geröntgt. Therapeutisch kommen Medikamente zum Einsatz, die den Knochenabbau hemmen oder den Knochenaufbau fördern. Daneben ist die ausreichende Versorgung mit Vitamin D und Kalzium entscheidend.

Hinweis: Außer als eigenständige Erkrankung (primäre Osteoporose) kann sich eine Osteoporose auch als Folgeerkrankung (sekundäre Osteoporose) entwickeln, z. B. bei Schilddrüsenstörungen, einem Diabetes, einer rheumatischen Erkrankung oder der Langzeiteinnahme von Kortison.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Knochenbrüche im höheren Lebensalter ohne passende Verletzung, v. a. von Wirbelkörpern, Oberschenkelhals und Unterarm
  • schwer lokalisierbare Schmerzen im Bewegungsapparat (v. a. Rücken und Brustkorb)
  • Zunehmende Verkrümmung des Oberkörpers (Witwenbuckel)
  • Abnahme der Körpergröße um mehr als 3 cm. In ausgeprägten Fällen sitzen die unteren Rippen auf den Beckenkämmen auf.

Wann in die Arztpraxis

Sofort zur Ärzt*in oder den Notdienst rufen bei

  • Stürzen mit schweren Schmerzen oder dem Verdacht auf Knochenbrüche.

In den nächsten Tagen, wenn

  • chronische Rückenschmerzen trotz Bewegung und Gymnastik nicht besser werden
  • plötzlich starke Schmerzen an Rücken oder Hüfte auftreten.

Die Erkrankung

Mit dem 25. Lebensjahr ist die Wachstumsphase beendet. Die Knochen haben dann nicht nur ihre endgültige Länge, sondern auch ihre maximale Knochenmasse erreicht. Auch wenn die Knochen nicht mehr wachsen, werden sie danach ständig umgebaut und erneuert. Bis etwa zum 30. Lebensjahr besteht ein Gleichgewicht zwischen der Aktivität knochenaufbauender Zellen (Osteoblasten) und knochenabbauender Zellen (Osteoklasten). Danach verringert sich die Knochenmasse langsam, es wird also mehr abgebaut als aufgebaut. Geht zu viel von ihr verloren, wird der Knochen brüchig, es entwickelt sich eine Osteoporose.

Die Knochendichte kann auf zwei Arten weniger werden: Ist der Knochenaufbau gestört, spricht man von einer Low-turnover-Osteoporose. Zu dieser Form gehört die senile Osteoporose (primäre Osteoporose Typ 1), also die Osteoporose im Alter. Dabei nimmt die Aktivität der Osteoblasten mit dem Alter schleichend immer weiter ab. Oft kommt noch dazu, dass alte Menschen nicht ausreichend Kalzium und Vitamin D zu sich nehmen und sich kaum noch bewegen. Betroffen sind bei der senilen Osteoporose sowohl kompakte Knochen, wie z. B. die Wirbelkörper, als auch die Röhrenknochen.

Ein verstärkter Knochenabbau ist dagegen der Grund für die menopausale Osteoporose (primäre Osteoporose Typ 2), also der Osteoporose in den Wechseljahren. Sie setzt bei etwa jeder dritten Frau mit dem Beginn der Wechseljahre ein. Als Ursache wird u. a. der Rückgang von Östrogenen vermutet, da Östrogene die Osteoklasten hemmen. Fällt der hemmende Einfluss der Hormone weg, kommt es zu einem verstärkten Knochenabbau – während der Knochenaufbau aber gleich bleibt (High-turnover-Osteoporose). Im Gegensatz zur senilen Osteoporose sind vor allem die Wirbelkörper betroffen. Außerdem nimmt die Knochendichte bei der menopausalen Form in den ersten Jahren rascher ab.

Vermehrter Knochenabbau und verminderter Knochenaufbau (also Low-turnover-Osteoporose und High-turnover-Osteoporose) können auch kombiniert vorkommen oder ineinander übergehen.

Risikofaktoren

Zahlreiche Risikofaktoren können die Entwicklung einer senilen oder postmenopausalen Osteoporose begünstigen oder beschleunigen:

  • Geringe körperliche Aktivität
  • Langfristige Bettruhe
  • Kalzium- und Vitamin-D-Mangel
  • Rauchen, Alkohol
  • Osteoporose in der Familie
  • Niedriges Körpergewicht (unter 55 kg)
  • Bei Frauen zusätzlich eine frühe Menopause, das Ausbleiben der Monatsblutung für mehr als 6 Monate unabhängig von einer Schwangerschaft sowie die Entfernung der Eierstöcke.

Sekundäre Osteoporose

Bei jeder 20. Patient*in mit Osteoporose verringert sich die Knochendichte nicht aufgrund von Alter oder den Wechseljahren, sondern im Zusammenhang mit einer anderen Erkrankung oder durch die Einnahme von Medikamenten. Dann spricht man von einer sekundären Osteoporose. Typische Auslöser sind

  • hormonelle Störungen durch Morbus Cushing, Hypogonadismus, Schilddrüsenüberfunktion oder Akromegalie
  • metabolische Störungen bei Diabetes mellitus oder Störungen der Nahrungsaufnahme (Malassimilationsstörungen)
  • Tumorerkrankungen des Knochens
  • Autoimmunerkrankungen wie rheumatoide Arthritis oder Lupus erythematodes
  • Medikamente wie Kortison, Schilddrüsenhormone, Entwässerungsmittel oder Cyclosporin A.

Klinik

Die Osteoporose verläuft zunächst ohne Beschwerden. Erst wenn sie fortgeschritten ist und sich kleinste Risse ausbilden, entwickeln die Patient*innen Rücken- oder Hüftschmerzen. Später drohen Knochenbrüche, typischerweise schon bei kleinen Unfällen (Stürzen oder Rutschen vom Stuhl) oder sogar ganz ohne bemerkbaren Anlass. Betroffen sind bei der senilen Osteoporose vor allem Unterarm (Radius), Oberarm und Oberschenkelhals.

Bei der postmenopausalen Osteoporose sind dagegen eher die Wirbelkörper betroffen. In der Folge von Brüchen und kleinen Rissen brechen sie in sich zusammen und werden keilförmig. Dadurch verstärkt sich die natürliche Krümmung der Wirbelsäule und es entsteht ein Buckel (Kyphose). Außerdem vermindert sich die Körperhöhe um mehrere Zentimeter.

Vorkommen und Bedeutung

Die Osteoporose stellt als Volkskrankheit ein großes gesundheitspolitisches Problem dar, in Deutschland leiden schätzungsweise 8 Millionen Menschen darunter (rund 80 % davon sind Frauen). Sie tritt gehäuft im Alter auf, man findet sie in der Gruppe der Über-60-Jährigen bei etwa 40 % der Frauen und 10 bis 15 % der Männer. Der überwiegende Anteil (95 %) sind primäre Osteoporosen, nur in etwa 5 % der Fälle liegt eine andere Erkrankung oder eine Medikamenteneinnahme zugrunde.

Aufgrund ihrer Folgen besitzt die Osteoporose eine große sozioökonomische Bedeutung. In Westeuropa haben etwa ein Viertel aller 70-Jährigen und etwa die Hälfte der über 80-Jährigen osteoporotisch bedingte Wirbelbrüche. Zudem erleidet fast ein Drittel der über 90-Jährigen einen Oberschenkelhalsbruch, der häufig lange Krankenhausaufenthalte und den Verlust der Selbstständigkeit nach sich zieht.

Diagnosesicherung

Das Alter der Patient*in, die Schilderung von Ort und Art der Schmerzen und eventuell vorangegangene Knochenbrüche geben häufig die ersten Hinweise darauf, dass die Knochendichte beeinträchtigt ist. Bei Erhebung der Krankengeschichte klärt die Ärzt*in, ob Risikofaktoren vorliegen. So fragt sie z. B. nach der Einnahme bestimmter Medikamente (z. B. Kortison) und ob auch die Eltern unter Osteoporose litten – also eine familiäre Belastung vorliegt. Bei Frauen in den Wechseljahren ist auch der Zeitpunkt der letzten Menstruation wichtig. Danach folgen die körperliche Untersuchung und, je nach Befund, Knochendichtemessung, Röntgen und Laboruntersuchungen:

Körperliche Untersuchung. Bei der körperlichen Untersuchung weisen Rückenschmerzen und ein Klopfschmerz über der Wirbelsäule auf eventuelle Wirbelkörperbrüche hin. Sichtbares Zeichen einer schon länger bestehenden Osteoporose ist das Tannenbaumphänomen. Dabei bilden sich Hautfalten am Rücken, die wie die Zweige einer Tanne rechts und links von der Wirbelsäule schräg nach unten in Richtung Becken verlaufen. Weitere äußerliche Anzeichen für eine Osteoporose sind eine ausgeprägte Kyphose (Buckel) und Rippen, die auf dem Beckenkamm aufsitzen.

Knochendichtemessung (Osteodensitometrie). Goldstandard zur Messung der Knochendichte ist die Dual-Röntgen-Absorptiometrie (DEXA, DXA), bei der man den Mineralsalzgehalt des Knochens an der Lendenwirbelsäule und an der Hüfte misst. Die Strahlenbelastung dieser Untersuchung ist sehr gering. Das Ergebnis wird als T-Wert (T-Score) angegeben. Er ist ein Maß für die Abweichung der gemessenen Knochendichte von der durchschnittlichen maximalen Knochendichte (peak bone mass, PBM) gesunder 30-Jähriger. Eine Abweichung ins Negative bedeutet eine geringere Knochendichte. Im Einzelnen wurde festgelegt:

  • T-Werte zwischen −1 und −2,4: leicht erhöhtes Knochenbruchrisiko (verminderte Knochendichte, Osteopenie)
  • T-Werte unter oder gleich −2,5 (entspricht einem Knochenverlust von ~30 %): stark erhöhtes Knochenbruchrisiko, besonders an den Wirbeln (Osteoporose).

Röntgenuntersuchung. Zur Diagnose einer Osteoporose eignet sich das Röntgen nicht, da erst ab einem Verlust von mehr als 30 % der Knochendichte osteoporotische Veränderungen sichtbar werden. Geröntgt wird dann, wenn ein Verdacht auf osteoporotische Brüche oder Risse besteht. Diese lassen sich im Röntgenbild gut nachweisen.

Laboruntersuchungen. Sie dienen beim Vorliegen einer Osteoporose vor allem dem Ausschluss sekundärer Formen, d. h. möglicher Erkrankungen, die die Knochendichte verringern. Bestimmt werden z. B. Kalzium- und Phosphatspiegel, Alkalische Phosphatase, Kalzium und Phosphat im 24-Stunden-Sammelurin, das Blutbild und Entzündungszeichen. Bei Männern prüft man häufig das Testosteron, da bei ihnen ein Hormonmangel (Hypogonadismus) zu Osteoporose und Knochenbrüchen führt.

Differenzialdiagnosen. Bei einer verringerten Knochendichte müssen alle Formen der primären und sekundären Osteoporose diagnostisch berücksichtigt werden. Zu Knochenschmerzen und vermehrter Bruchneigung des Knochens führen auch Tumoren und Metastasen sowie die gestörte Mineralisierung des Knochens durch einen Vitamin-D-Mangel (Osteomalazie bzw. Rachitis).

Früherkennung durch Knochendichtemessung?

Ob bei Frauen über 65 Jahren eine Früherkennung der Osteoporose mittels DEXA nützlich ist, wird kontrovers beurteilt. Mehrere Studien geben Hinweise, dass die Früherkennung das Risiko für Knochenbrüche senken könnte. Dies trifft allerdings nur dann zu, wenn eine erkannte Osteoporose auch mit knochenstärkenden Medikamenten therapiert wird. Inwieweit Männer und jüngere Menschen von einer Screening-DEXA profitieren, wurde bisher nicht untersucht.

Eine Knochendichtemessung zur Früherkennung muss aus eigener Tasche bezahlt werden. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten (ca 50 bis 60 EUR) für die DEXA nur, wenn konkrete Befunde eine Osteoporose wahrscheinlich machen und eine gezielte medikamentöse Behandlungsabsicht besteht.

Viele Expert*innen raten jedoch dazu, trotzdem frühzeitig eine Knochendichtemessung durchführen zu lassen. Dies gilt insbesondere für Frauen, die früh in die Wechseljahre kommen, keine Hormonersatztherapie dagegen einnehmen und familiär mit Osteoporose belastet sind.

Behandlung

Schmerzen lindern und Knochenbrüche verhindern – das sind die zwei zentralen Ziele bei der Therapie einer Osteoporose. Gegen akute und chronische Rückenschmerzen werden meist bedarfsorientiert NSAR-Schmerzmittel verordnet. Reicht dies nicht aus, kommen Analgetika nach dem WHO-Stufenschema zum Einsatz. Bei ausgeprägten Schmerzen werden manchmal Opioide erforderlich.

Knochenstärkende Medikamente

Um das Fortschreiten der Erkrankung zu bremsen und Knochenbrüche zu verhindern, muss langfristig der Knochen gestärkt werden. Die Basis dafür bilden eine gesunde Ernährung, körperliche Aktivität und die ausreichende Versorgung mit Vitamin D und Kalzium (Näheres dazu unter "Ihre Apotheke empfiehlt").

Ob spezielle Osteoporosemedikamente erforderlich sind, hängt von mehreren Faktoren ab. Dazu gehören der mittels DEXA gemessene T-Wert, Geschlecht und Alter sowie schon stattgehabte osteoporotische Knochenbrüche. Auch der Hormonstatus (z. B. postmenopausal) und eine laufende Kortisontherapie werden bei der Entscheidung berücksichtigt.

Zur Verbesserung der Knochendichte gibt es Wirkstoffe, die den Knochenabbau hemmen (z. B. Bisphosphonate, Denosumab und Raloxifen) und solche, die den Knochenaufbau fördern (z. B. Teriparatid und Romosozumab).

Bisphosphonate wie Alendronat und Risedronat hemmen die Aktivität der knochenabbauenden Zellen (Osteoklasten) und gelten heute als erste Wahl bei bestehender Osteoporose. Eine verringerte Anzahl osteoporosebedingter Knochenbrüche ist für eine Einnahmedauer von 3–5 Jahren nachgewiesen. Der Nutzen bei längerer Einnahme ist unklar. Je nach Wirkstoff werden die Tabletten täglich oder einmal wöchentlich nüchtern eine halbe Stunde vor dem Frühstück eingenommen. Um die Speiseröhre zu schonen, sollte dies mit reichlich stillem Wasser und in aufrechter Haltung erfolgen. Mögliche Nebenwirkungen von Bisphosphonaten sind Knochenveränderungen wie z. B. Oberschenkelbrüche oder eine Rückbildung von Knochengewebe (Osteonekrose) der Kieferknochen und des äußeren Gehörgangs. Diese Osteonekrosen sind eine Folge mangelnder Blutversorgung und äußern sich durch freiliegenden Knochen im Mundraum oder am Ohr. Dagegen hilft eine Medikamentenpause. Durch eine konsequente Mundhygiene und regelmäßige zahnärztliche Untersuchungen lässt sich das Risiko für eine Rückbildung von Kieferknochengewebe verringern. Auf jeden Fall sollte vor Beginn der Behandlung eine umfassende Zahnsanierung erfolgen.

Denosumab hemmt die Umwandlung von Vorläuferzellen in knochenabbauende Zellen (Osteoklasten). Der Wirkstoff wird alle sechs Monate unter die Haut (subkutan) gespritzt. Zu den häufigen Nebenwirkungen zählen Knochen- und Muskelschmerzen in Armen und Beinen. Seltener kommt es aufgrund von Kalziummangel im Blut (Hypokalzämie) zu Zuckungen oder Muskelkrämpfen. Wie bei Bisphosphonaten ist die Entwicklung einer Osteonekrose im Kiefer, möglicherweise auch im äußeren Gehörgang, möglich.

Romosozumab hat eine zweifache Wirkung: Es bremst den Knochenabbau und fördert den Knochenaufbau. Romosozumab wird monatlich subkutan gespritzt und vor allem bei postmenopausalen Frauen mit hohem Risiko für Knochenbrüche eingesetzt. Häufigere Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Rachenentzündungen und Gelenkschmerzen. Weil der Wirkstoff wahrscheinlich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht, darf er bei Patient*innen mit Herzinfarkt oder Schlaganfall in der Vorgeschichte nicht angewendet werden. Außerdem sollte die Therapiedauer möglichst ein Jahr nicht überschreiten.

Der selektive Östrogenrezeptor-Modulator (SERM) Raloxifen wirkt am Knochen wie Östrogen und fördert dadurch den Knochenaufbau. Auf diese Weise senkt Raloxifen vor allem das Risiko für Wirbelkörperbrüche. Es wird bei Frauen während und nach den Wechseljahren eingesetzt, wenn sie Bisphosphonate oder Denosumab nicht vertragen. Raloxifen wird täglich oral eingenommen. Als wichtige Nebenwirkungen gelten Thrombosen (z. B. tiefe Beinvenenthrombose) und Thromboembolien wie die Lungenembolie.

Parathormon-Analoga wie Teriparatid fördern den Knochenaufbau, indem sie die Kalziumaufnahme steigern und die Vitamin-D-Synthese stimulieren. In bisherigen Studien konnte gezeigt werden, dass die Substanz Wirbelkörperbrüche bei postmenopausaler Osteoporose reduziert. Teriparatid wird täglich subkutan gespritzt, als Nebenwirkungen sind Gliederschmerzen, Übelkeit und Schwindel häufig. Der Wirkstoff darf nur maximal zwei Jahre lang verabreicht werden, weil er im Tierversuch bei längerer Therapie zu Osteosarkomen (Knochenkrebs) geführt hat.

Östrogene fördern bei der postmenopausalen Osteoporose den Knochenaufbau. Man verordnet sie jedoch zurückhaltend, z. B. wenn die oben genannten Osteoporosemedikamente nicht vertragen werden oder Östrogene aufgrund stärkster Wechseljahrsbeschwerden erforderlich sind. Denn eine Langzeittherapie mit Östrogenen erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Schlaganfall, Herzinfarkt) und Brustkrebs. Vor Beginn der Therapie müssen deshalb Nutzen und Risiken individuell gründlich abgewogen werden.

Verlaufskontrollen

Unter einer Therapie mit Osteoporosemedikamenten sind engmaschige Verlaufskontrollen unumgänglich. Alle drei bis sechs Monate wird überprüft, ob die Therapie beibehalten werden kann. Eine Umstellung der Medikamente wird z. B. erwogen, wenn die Knochendichte um mehr als 3 % abfällt oder mehr als zwei Knochenbrüche aufgetreten sind. Auch beim Auftreten ernster Nebenwirkungen stellt die Ärzt*in die Medikation meist um.

Für die verschiedenen Wirkstoffe gibt es jeweils eine maximale Therapiedauer, für die ein Nutzen nachgewiesen ist (Bisphosphonate fünf Jahre, Denosumab drei Jahre, Raloxifen acht Jahre). Ob danach eine Therapiepause einzulegen ist, muss im individuellen Fall entschieden werden.

Nach dem Absetzen der knochenaufbauenden Wirkstoffe Teriparatid und Denosumab wird empfohlen, eine antiresorptive (also eine den Abbau hemmende) Therapie einzuleiten.

Orthesen und Operationen

In ausgeprägten Fällen verordnen die Ärzt*innen manchmal Orthesen. Sie stützen die Wirbelsäule und reduzieren die Schmerzen. Der Nachteil von Orthesen ist, dass sie die Mobilität einschränken und damit den Verlust von Knochen- und Muskelmasse fördern. Um dem entgegenzuwirken, sollten Orthesen immer mit einer Physiotherapie kombiniert werden.

Sind die Schmerzen bei Wirbelkörperbrüchen nicht beherrschbar und alle anderen Therapiemaßnahmen erfolglos, kann in Einzelfällen eine stabilisierende Wirbelsäulenoperation (Kyphoplastie oder Vertebroplastie) helfen.

Prognose

Ohne Behandlung schreitet die Osteoporose voran und führt zu dauerhaften Veränderungen bis hin zu Knochenbrüchen. Mit jedem osteoporotischen Knochenbruch steigt das Risiko für weitere Brüche um das bis zu Fünffache an.

Knochenbrüche können bei alten Patient*innen fatale Folgen haben. Bei 10 bis 20 % der Über-70-Jährigen, die einen Oberschenkelhalsbruch erleiden, führt dieses Ereignis durch Folgeerkrankungen zum Tod. Mehr als die Hälfte von ihnen wird pflegebedürftig und bleibt dies bis ans Lebensende.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Bewegung. Die Bewegungstherapie ist bei Osteoporose besonders wichtig: Intensive körperliche Aktivität und Sport regen den Knochenstoffwechsel an. Besonders wirkungsvoll sind ein dosiertes und gezieltes Krafttraining und kraftbetonte Gymnastik, am besten in der Gruppe und unter Aufsicht einer geschulten Sporttherapeut*in oder Physiotherapeut*in. Um die Muskelfunktion zu verbessern und den Stoffwechsel anzuregen, ist eine wöchentliche Teilnahme (besser zweimal pro Woche) notwendig. Zusätzlich müssen die erlernten Übungen selbstständig zu Hause durchgeführt werden.

Kalzium und Vitamin D. Ob die Einnahme von Kalzium und Vitamin D erforderlich ist, entscheidet die Ärzt*in im individuellen Fall. Bei den meisten Patient*innen werden 1000 mg Kalzium und 800–1000 I.E. Vitamin D täglich empfohlen.

Sturzprophylaxe. Osteoporotisch veränderte Knochen brechen besonders leicht. Deshalb ist es wichtig, Stürze zu vermeiden. Die sogenannte Sturzprophylaxe setzt sich aus verschiedenen Maßnahmen zusammen:

  • Sehfähigkeit regelmäßig kontrollieren und Brille anpassen. Außerdem sollte überall für gutes Licht gesorgt werden, um Stufen oder Stolperfallen gut zu erkennen. Nur wer gut sieht, kann Hindernissen besser ausweichen.
  • Stolperfallen erkennen und beseitigen. Dazu gehören herumliegende Kabel, rutschende Teppiche, aber auch schlecht sitzende Schuhe oder zu lange Kleidung.
  • Hilfsmittel nutzen. Haltegriffe in Bad, Toilette und in den Fluren geben Sicherheit beim Laufen. Bei Gehschwierigkeiten sollten Gehstöcke und Rollatoren individuell angepasst und genutzt werden. Hüftprotektoren polstern im Falle eines Sturzes die Hüfte und helfen dadurch, Oberschenkelhalsbrüche zu vermeiden.
  • Medikamente überprüfen lassen. Viele Medikamente führen zu Benommenheit, oft wirken Schlaf- und Beruhigungsmittel am nächsten Morgen lange nach und erhöhen die Sturzgefahr. Abends eingenommene Entwässerungsmittel erhöhen den nächtlichen Harndrang, wobei der Gang zur Toilette leicht in einem Sturz enden kann. Andere Arzneimittel lösen Unruhe und Verwirrtheit aus und begünstigen ebenfalls das Hinfallen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die behandelnde Ärzt*in die verordneten Medikamente überprüft, sie gegebenenfalls umstellt oder die Einnahmezeit verändert.

Prävention

Die bereits im jüngeren Erwachsenenalter beginnende Osteoporoseprophylaxe hat größte individuelle, aber auch gesamtgesellschaftliche Bedeutung. Echte Anstrengungen in Bezug auf die Vorbeugung sind deshalb angesagt. Dazu gehört der Aufbau maximaler Knochenmasse im jungen Erwachsenenalter und die Verlangsamung des physiologischen Knochenabbaus nach der Menopause und im Alter.

Bewegung. Es ist nie zu spät, mit Sport anzufangen! Nur durch intensive mechanische Belastung wird der Knochenaufbau angeregt. Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass viel Bewegung in jugendlichen Jahren dazu beiträgt, eine höhere maximale Knochenmasse zu erreichen. Aber auch im fortgeschrittenen Alter sorgt sportliche Betätigung nicht nur für eine verbesserte Kondition, sondern senkt das Sturzrisiko und vermindert bei gleichzeitiger ausreichender Kalzium- und Vitamin-D-Versorgung den Knochensubstanzverlust.

Aufenthalt im Freien. Vitamin D wird in der Haut durch den Einfluss von UV-Strahlen gebildet. Wer sich viel draußen aufhält, tankt damit Sonne und Vitamin D.

Ernährung. Achten Sie auf eine kalziumreiche Ernährung (~ 1500 mg täglich) mit viel Joghurt, Milch, Käse, Gemüse, Nüssen und Mineralwasser. Am Knochenstoffwechsel sind neben Vitamin D und Kalzium auch Vitamin C und E, Zink, Silizium, Mangan und andere Nährstoffe beteiligt.

Alkohol- und Nikotinkonsum einschränken. Ein hoher Alkoholkonsum hemmt die Osteoblasten und damit den Knochenaufbau. Außerdem fördert Alkohol die Kalziumausscheidung über den Urin. Rauchen verschlechtert die Durchblutung der Knochen und fördert dadurch die Osteoporose. Studien haben gezeigt, dass junge Raucher*innen später häufiger mit Osteoporose zu kämpfen haben als Menschen, die nie geraucht haben.

Weiterführende Informationen

osd-ev.org – Bundesverband für Osteoporose e. V., Düsseldorf: Dachverband der Selbsthilfegruppen. Hier gibt es Informationen rund um die Osteoporose sowie Tipps für die Suche nach örtlichen Selbsthilfegruppen.

Phenylketonurie

Phenylketonurie (PKU): Angeborene, genetisch vererbte Störung des Eiweißstoffwechsels mit einer Anhäufung der Aminosäure Phenylalanin im Blut. Das übermäßige Angebot an Phenylalanin und dessen Abbauprodukt Phenylessigsäure führt zu Nervenschädigungen mit schwerer geistiger Behinderung und Krampfanfällen (Epilepsie). Da in den Industrieländern beim Neugeborenen-Screening auch der Phenylalaninspiegel im Blut gemessen wird, wird die Erkrankung sehr früh erkannt.

Wird rasch mit einer konsequent phenylalaninarmen Ernährung begonnen, ist eine „normale“ Entwicklung möglich. Die Prognose ist ausgesprochen gut, wenn die Diät mindestens bis zur Pubertät streng eingehalten wird. Ob sie lebenslang eingehalten werden muss, ist strittig.

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